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Gekaufte Dieselfahrzeuge

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Gekaufte Dieselfahrzeuge

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OLG Naumburg, Urteil vom 18.09.2020, Az.: 8 U 8/20

  • Eine Kühlmittel-Solltemperatur-Regelung (Thermo-Fenster) ist eine unzulässige Abschalteinrichtung.

  • Das Vorhandensein einer Abschalteinrichtung stellt eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung dar, sodass Schadensersatz verlangt werden kann.

  • Es besteht auch die Möglichkeit einer vollständigen Rückabwicklung des Kaufvertrags.

1. Verfahrensgang

Vorgehend LG Magdeburg, Urteil vom 23.01.2020, Az.: 10 O 711/19

2. Tatbestand

Der Kläger begehrte zunächst vor dem LG Magdeburg die Rückabwicklung eines mit der Beklagten am 11.09.2014 geschlossenen Kaufvertrages über einen gebrauchten Mercedes-Benz GLK 220 CDI 4MATIC. Hierbei verlangte er Schadensersatz Zug-um-Zug gegen Rückgabe des Fahrzeugs an die Beklagte.

Der Kläger machte geltend, dass in dem Motor seines Fahrzeugs eine Kühlmittel-Solltemperatur-Regelung verbaut worden war, welche im Labor dafür sorgen würde, dass die Kühlmitteltemperatur künstlich niedrig gehalten würde, sodass sich das Motoröl langsamer erwärmte und im Ergebnis die Stickoxidwerte unterhalb des zulässigen Grenzwertes blieben. Die Beklagte hätte dementsprechend vorab einen Temperaturbereich definiert, innerhalb dessen die Abgasreinigung voll funktioniere. Genau innerhalb dieses Bereiches würden die Messungen im Labor durchgeführt. Hingegen befänden sich die Stickoxidwerte unter normalen Bedingungen über dem zulässigen Grenzwert.

Die Beklagte beantragte Klageabweisung mit der Begründung, dass eine solche Abgasabschalteinrichtung im Motor des streitgegenständlichen Fahrzeugs nicht verbaut worden sei.

Das LG Magdeburg wies die Klage ab. Es verwies darauf, dass kein Anspruch auf Schadensersatz gem. § 826 BGB bestehe.

Das Vorhandensein einer illegalen Abgaseinrichtung könne nicht nachgewiesen werden, auch wenn das Kraftfahrtbundesamt eine Rückrufaktion startete.

Gegen dieses Urteil wandte sich der Kläger im Wege der Berufung. Er verwies darauf, dass das LG Magdeburg seinen Vortrag zur Kühlmittel-Solltemperatur-Regelung übergangen habe.

Das OLG Naumburg hob das Urteil des LG Magdeburg vom 23.01.2020 auf. Es verurteilte die Beklagte zur Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 25.741,43€ an die Klägerin Zug-um-Zug gegen Übergabe und Übereignung des streitgegenständlichen Fahrzeugs. Begründet wurde diese Entscheidung damit, dass die Beklagte potentielle Erwerber des streitgegenständlichen Fahrzeugs täuschte, indem sie konkludent erklärte, dass das Fahrzeug im Zeitpunkt des Vertragsschlusses über eine uneingeschränkte Betriebserlaubnis verfügte. Die hierfür erforderliche Typengenehmigung war jedoch lediglich durch eine manipulative Täuschung des Kraftfahrtbundesamtes erlangt worden. Dies konnte daher jederzeit widerrufen werden und ist teilweise auch widerrufen worden. Hierdurch entstand dem Erwerber ein Schaden, da er eine ungewollte Verbindlichkeit einging. Dies stellt eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung i. S. d. § 826 BGB dar, welche zu einem Anspruch auf Schadensersatz führt. Darüber hinaus hat der Kläger nach Auffassung des OLG Naumburg ausreichend substantiiert das Vorhandensein einer Abschalteinrichtung darlegen können, wohingegen der Vortrag der Beklagten hierzu zu pauschal war und sie ihrer Darlegungslast daher nicht genügte.

Dies entspricht den Ausführungen des Bundesgerichthofs im VW-Abgasskandal im Urteil vom 25.05.2020.

LG Stuttgart, Urteil vom 17.01.2019, Az.: 23 O 178 / 18

  • Wird die Abgasrückführung, die zur Reduktion des Stickoxidausstoßes in einem Kraftfahrzeug eingesetzt wird, bei niedrigen Temperaturen reduziert („Thermo-fenster“), stellt dies eine unzulässige Abschalteinrichtung i.S.d. Art. 5 Abs. 2, Art. 3 Nr. 10 EG VO 715/2007 dar.
  • Der Anspruch gegen den Hersteller des Motors kann sowohl auf § 826 BGB als auch auf § 831 BGB gestützt werden („Wahlfeststellung“).
  • Dem Kläger steht gegen den Hersteller nach § 849 BGB ein Anspruch auf Zinsen in Höhe von 4% ab Bezahlung des Kaufpreises zu.
  • Dem Hersteller obliegt auch eine sekundäre Darlegungslast bezüglich der Kenntnis des Vorstands vom Einsatz einer solchen unzulässigen Abschalteinrichtung.

Der Käufer erwarb von der Beklagten einen Mercedes (Typ E 250 CDI Blue Efficiency) als Neuwagen. Das Fahrzeug verfügte über eine unzulässige Abschalteinrichtung i.S.d. Art. 5 Abs. 2 VO EG 715/2007. Durch eine solche wird ein Teil des Abgases zurück in das Ansaugsystem des Motos geführt; dieser Teil wird erneut verbrannt.
Aufgrund dessen entschied das LG Stuttgart, dass dem Kläger gegen die Herstellerin des Automobils – die Beklagte – sowohl ein Anspruch auf Schadensersatz gem. § 826 BGB (dazu 1.) wie auch gem. § 831 Abs. 1 S. 1 BGB (dazu 2.) zustehe. Zwischen den Ansprüchen bestehe die Möglichkeit der Wahlfeststellung.

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